Ich kann selbst kaum glauben, wo ich gerade liege. Nicht wie von Oma vermutet unter der Brücke, sondern in einem Bett. Im komfortabelsten Bett seit ich gestartet bin. Es hat einen Federkern, Kissen, Decke und steht im ersten Stock eines heimeligen Häuschens auf der Vulkaninsel Heimaey auf der Inselgruppe Vestmannaeyjar.
Wäre 1973 alles schief gelaufen, dann würde hier weder das Bettchen stehen, noch hätte Vicky unsere Gastgeberin zehn Jahre später auf die Insel ziehen können. Wer den Vulkanausbruch des Eldfell nachlesen will: spannende Geschichte mit Lava.
Wer Vicky kennenlernen will, muss sie über Couchsurfing anschreiben. Und wer uns den Abend retten will, muss Imo, mich und unsere neue Teilzeitbegleiterin Nadja so empfangen wie die Chefin des Hauses, die seit ihrer Scheidung Hunderte Couchsurfer aufgenommen hat. Mit Tee und Keksen, mit Geschichten über die Puffins (Papageitaucher), die auf allen unseren Tassen gemalt sind und bis in den hintersten Winkel das Haus bevölkern. Über Schafe, die im Frühling an den Klippen mit dem Seil auf die seltenen Grünflächen hochgezogen werden. Die fliegenden Schafe von Vestmannaeyjar. Und von den Strapazen, die der überbordende Tourismus auf Island mit sich bringt.
Zaun um Zaun, Kassenhäuschen um Souvenirshop erlebt die Hauptinsel einen Ansturm aus der ganzen Welt, wie ihn bis vor 15, 20 Jahren niemand für möglich gehalten hat, berichtet die gebürtige Kanadiern, die als 18-Jährige Ende der Siebziger mit ihren Eltern übergesiedelt ist. Ich gerate schnell ins lokaljournalistische, wenn ich über Vickys Ausführungen schreibe, aber natürlich haben auch wir uns in den vergangenen Tagen ein erstes Bild davon machen können, wie sich zwei Millionen (im schlimmsten Fall) Selfiesportler sich ihren Weg durch einen jahrhundertelang abgeschotteten Inselstaat mit nunmehr rund 350000 Einwohnern bahnen – trotz Nebensaison. Und wir sind Teil der Masse. Gullfoss, Strokkur, Blue Lagoon – bis auf die Lagunenshow zweifelsfrei beeindruckende Naturdenkmäler, auf die jeder Besucher einen gewissen Besitzanspruch erhebt. Inklusive uns.
Um es frei in Vickys Worten auszudrücken: Interessiert euch als Gäste bitte auch für die Probleme, die euer Besuch mit sich bringt. Für die komplizierte Fauna, die auf dem unwirtlichen Felsen über 1000 Jahre gewachsen ist und in Sekunden zertrampelt wird. Versteht, dass die meisten Isländer eben keine Lust darauf haben, wegen euch für Dinge zu zahlen – und sei es das WC -, die vor Jahren noch kostenlos waren. Für sie sei ja nicht einmal ersichtlich, wo das ganze Geld hinflieβt, dass der Tourismus so mit sich bringt. In die Straβen jedenfalls nicht. Und um Gottes Willen: Seid bitte keine von den Idiotentouristen, die ein Polarlicht sehen, das Auto mitten auf der Straβe parken, aussteigen und sich wundern, überfahren zu werden.
Kurz: Ein ereignisreicher Tag geht mit Vicky zu Ende, die sich nun schlafen gelegt hat, weil es morgen Früh wieder in die Fischfabrik zur Arbeit geht. Auf Vestmannaeyjar sei eben alles Fisch, sagt sie. Im Sommer erzählt sie ihre Geschichten aber auch im örtlichen Naturkundemuseum, vor allem über Puffins. Ich wollte eigentlich Matratzengeschichten der letzten Tage erzählen, aber muss mich jetzt dringend aufs Ohr hauen. Nur so viel: Wir haben in unserer ersten Nacht erfahren, dass man auch in oder an leer stehenden Autowerkstätten ohne Dusche im Nirgendwo von Hafnarfjördur schlafen kann, haben in unserer zweiten Nacht gelernt, wie die EDV-Abteilung des Untergrunds von Reykjavik arbeitet. Und gestern sind wir letztlich am Ende der obligatorischen wie eindrucksvollen Golden-Circle-Tour goldig und erledigt auf der sanktmartinhaft halbierten Matratze (Imo) und daneben (ich) in Charlies und Hopes Wohnung in Keflavík eingeschlafen. Von Drohnenpilot Charlie (Karol Majewski) stammen die folgende Aufnahme. Video folgt. Nächste Stationen mit unserem neuen Gefährt, Valdis Skoda: Heimaey, Vík und der Osten. Bessere Bilder kommen auch noch.
Zum Abschluss noch die Leserfrage, diesmal von René H. aus K.:
Kannst du dir Eisbären mieten und reiten? Was kostet die Stunde?
Tatsächlich ermöglicht der Tourismusverband Island-Ziegelhüttnofur bald den Ausritt importierter Eis- oder Waschbären – kann ich nicht mehr genau sagen. 20 Mark die Stunde.
super!
freu mich schon auf die ganzen blogs das jahr über.
p.s. die bilder sind recht klein eingebettet. evtl kannst ja ein „onclick“ mit dem original hinterlegen 🙂
beste grüße
schenki
Danke! Techniktipps: Bitte immer her damit. Das hab ich gar nicht registriert.
Hallo Bastian Sünkel,
der geheime Link zur Website meiner Exkursion inkl. Route.
Falls ihr noch Inspiration braucht. Oder Fachvokabular für den nächsten Artikel. Von der Alaska Lupine bis zum Zungenbeckensee wird hier alles erklärt! 😉
http://island2010.isogeo.de/
Und immer dran denken: Hände hoch falls ihr auf Raubmöwen trefft! Safety first! Wahrscheinlich gefährlicher als die Nordlichtwalze, das KFZ! Aber das ist nur meine bescheidene Meinung!
Viel Spaß weiterhin!
Góða ferð!
Danke Juliaopel! Wir sind gerade bei eurem Tag 5 angelangt. Die Möwen waren bislang das geringste Problem, aber ich hüte mich!